Zum Beitrag »Blogger nehmen sich zu wichtig?« in basicthinking.de:
Zweifellos hat die Entwicklung des Blogging die Möglichkeiten des Einzelnen einen großen Kreis an Lesern zu erreichen enorm verbessert. Viele technische Erfindungen haben die Welt verändert und werden das auch noch zukünftig tun. Blogging, und was sich daraus noch an Kommunikationsmöglichkeiten entwickeln mag, hat sicherlich das Zeug zu einer merklichen Veränderung. Dass diese Veränderung automatisch zu einer Verbesserung der Welt führt, möchte ich mir wünschen, aber allein der rechte Glaube fehlt.
Wenn sich eine große Firma ungesetzlich verhält, oder mir als kleinem Mitarbeiter Unrecht antut, dann eignet sich die gewonnene Publicity als Blogger ausgezeichnet dazu sich zur Wehr zu setzen. Insofern ist es wirklich ein Zugewinn an Kontrolle. Andererseits ermöglicht ein Werkzeug zur schnellen Verbreitung der Wahrheit eben auch die schnelle Verbreitung von Unwahrheit. Was, wenn es gar nicht so ungesetzlich ist, wie der kleine Mitarbeiter denkt. Was, wenn ich mich als wirklich ungerecht behandelter Mitarbeiter im Affekt zu einer Äußerung hinreißen lasse, die ich später bereue. Was, wenn der ungerecht behandelte Mitarbeiter frei erfunden und das ganze eine billige Rufmordkampagne ist.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich finde die sich bietenden Möglichkeiten mit Blogging toll. Weltverbesserungsphantasien in diesem Zusammenhang finde ich aber überzogen. Der – manchmal auch faule – Kompromiss nach dem langen Weg durch die Instanzen ist nun mal das, was Demokratien ausmacht. Und die Gewaltenteilung innerhalb der Demokratien ist auch das Instrument, welches Machtmissbrauch – und letztlich auch Kriege – verhindert (Gut, Ausnahmen bestätigen die Regel).
Ich hege übrigens keinen Zweifel daran, dass mich die kommende »Robert Basic Blog & Medien AG« mit Abmahnungen und Unterlassungsklagen überziehen würde, käme dieser kleine Blog auf die Idee, die milliardenschwere AG mit dem Blog »basickilling.de« anzupieksen. Und sie würde auch vor Zensur nicht zurückschrecken, sollte sie auch noch auf die entscheidenden Internetknoten Einfluss haben. Die Fahrt, die die technische Entwicklung von GE über Google zu YouTube aufnimmt, betrachte ich daher eher mit Sorge. Ethische Standards und demokratisch basierte Rechtsmittel brauchen in der Regel deutlich länger für ihre Entwicklung.
Wir sollten uns so wichtig wie möglich nehmen, ohne es zu übertreiben, Sie als erfahrener und ich als unerfahrener Blogger, und wir beide als Menschen. Pathos Ende.
PS Herr Basic, Sie sollten mir mal die Rechnung am Anfang des Abschnitts »Netzeffekte« erklären. Was gemeint ist, denke ich, ist exponentielle Entwicklung, also am ersten Tag erreicht der Blog 5000 Leser, am zweiten erreicht jeder einzelne der Leser wieder 5000 Leser, und so weiter, macht also 500030 = 9.3×10110 Leser, was sehr viel mehr als die vermutete Anzahl der Atome im Universum ist. Die Absurdität dieser Rechnung zeigt schon, dass Informationsverbreitung so nicht funktionieren kann. Es ist wohl eher so, dass die Anzahl der Leser begrenzt ist, aber die Wirkung einer Nachricht zunimmt, je schneller man alle erreichen kann.